"Aufbruch in Unbekannte" - ein Reisebuch von Davia Franz

Indonesien

Indonesien: Im Land der Kannibalen und Vulkane

Sumatra das „Paradies um den Äquator“. Riesige unbesiedelte Dschungelgebiete, grüne Reisterassen, einer der größten und tiefsten Kraterseen der Welt, sowie faszinierende Vulkane prägen die abwechslungsreichen Landschaften von Sumatra. Wir machen Bekanntschaft mit den Batakvölkern, deren Tradition noch tief in ihrem Leben verwurzelt ist, mit den Minangkabaus und ihrer matrilinearen Kultur, sowie den Orang Utans in der Bohorok Auswilderungsstation. Die malerischen Dörfer und die Architektur der Langhäuser mit ihren weit ausladenden geschwungenen Dächern sind von ganz besonderer Art. Wir fahren auf dem Sumatra Highway über den Äquator.

„Aber wir müssen weiter wenn wir unser Ziel heute noch erreichen wollen. Es geht einen glitschigen Pfad hinunter. Zahlreiche Makaken machen sich bemerkbar und würden sicher gerne in unsere Rucksäcke gucken, ob es da etwas Essbares zu holen gibt. Aber es warten noch ganz andere Tierchen auf den Blättern der Bäume auf ein leckeres Essen. Ihr Biss ist völlig schmerzfrei und lautlos und wir haben sie auch erst gar nicht bemerkt. Sie saugen sich wie kleine Vampire den Ranzen voll, bis sie kugelrund sind. Spende Blut- Rette Leben, auch wenn es nur das von Blutegeln ist. Überall an meinen Waden sind Bluttropfen oder es hängen diese Biester dran. Ich versuche sie wegzuschnipsen, aber sie haben sich festgesaugt. Was nun? Dann taucht plötzlich noch ein wildschweinartiges Wesen neben uns auf. Zum Glück steht in der Nähe eine Hütte. Wir flüchten hinein. Ein alter Mann schaut uns grinsend an. Ich zeige ihm meine Beine. Er nimmt seine glühende Zigarette und hält sie an die Blutegel. Einer nach dem anderen fällt ab. Rainer trägt eine lange Hose und hat mich bislang mitleidig angesehen. Der Mann krempelte Rainers Hosenbeine hoch und siehe da, auch hier haben es sich die Tierchen bequem gemacht. Sie kriechen durch alle offenen Stellen, Knopflöcher und Schuhösen. Aber mit der glühenden Zigarette werden sie schnell entfernt. Wir essen etwas bei dem Mann der sogar auch Zimmer vermietet. Ich stelle mir gerade vor, wie mich tausende Blutegel des Nachts in meinem Bett überfallen und mir sämtliches Leben aus meinem Körper saugen. Wir sollen von nun an unsere Hosenbeine in die Strümpfe stecken. Da gibt es ein Problem, ich habe keine Strümpfe an und muss den Rest des Weges mit dem Befall dieser Vampire kämpfen.“

„Heute ist Sonntag und wir haben uns die Besteigung des Gunung Sibayak vorgenommen. Nach einigen Versuchen eine Karte vom Weg zu ergattern, gibt uns unser Vermieter eine per Hand gezeichnete kopierte Karte. Um 7.00 Uhr wandern wir los. Unterwegs kommt uns eine große Gruppe von Schülern entgegen, die die Nacht auf dem Vulkan verbracht haben. Nach ungefähr drei Stunden kommen wir an den befestigten Treppen an. Die Luft wird schon dünner. An der 2.000 Meter Grenze beginnt das Krüppelholz zu wachsen, dazwischen stehen viele Grasbäume. Nach einer weiteren halben Stunde erreichen wir den Kraterrand. Ein überwältigender Anblick, der sich uns bietet. Ungehindert schweift der Blick über den im Dunst liegenden Urwald, über die Täler die noch im weißen Morgennebel liegen. Ein kleiner türkisfarbener See liegt unten im Schlund des Kraters. Aus allen Löchern steigen zischend und pfeifend schwefelgelbe und weiße Dampfwolken auf. Wir steigen hinunter. Wild brodelt der Dampf aus dem schwelenden Gestein heraus. Die Bezwinger des Vulkans haben sich unten mittels aufgetürmter Steinhaufen verewigt. Rainer, der sich ganz nahe an eines der großen prustenden Schwefellöcher heranwagt, verschwindet plötzlich in einer Wolke aus Dampf, kommt aber zum Glück wieder zum Vorschein.
Der heiße Schwefel wird von den Arbeitern in Bambusröhren gestopft (Schwefelstangen) und wenn er abgekühlt ist nach unten transportiert. Wir treffen hier oben einen Deutschen. Er versucht uns den kürzeren Rückweg über die nach unten führenden Treppen zu erklären. Ab dem Gipfelkreuz nehmen wir dann wohl doch den falschen Weg. Auf unserer „tollen“ Karte ist der Weg nicht richtig eingezeichnet. Aber gewöhnlich führen alle Wege nach unten und so stapfen wir, ich mit meinen Sandalen, den schlammig rutschigen Weg entlang. Im strömenden Regen geht es steil abwärts. Nach einer halben Stunde laufen, geben wir die Hoffnung auf, die uns nach Hause führenden Treppen und die uns eigentlich begegnenden Hot Springs zu finden. Die Bäume werden wie auch unsere Angst, uns verlaufen zu haben, immer größer. Ein Ausblick auf ein eventuelles Ende des Weges wird uns verwehrt. Über den heißen Tagesstunden, wenn es auch den Tieren zu warm ist, liegt über dem Dschungel eine Stille wie in einem Grab. Obwohl wir das ewige Hupen der Fahrzeuge auf den Straßen hassen, sehnen wir uns im Moment nach einem Zeichen.
An einigen Bäumen sind rote Fähnchen befestigt, ich hatte gelesen, dass ein markierter Weg, drei Tage durch den Dschungel nach Bukit Lawang führt. Nach zwei Stunden begegnen wir einem Mann mit einem Vogelkäfig, einem Kind und einem Gewehr. Aber er versteht nicht was wir suchen. Wir haben noch eine halbe Flasche Wasser und etwas Zwieback. Ich bekomme langsam Platzangst zwischen diesen hohen Bäumen. Die Äste kreuzen und überschneiden sich. Sie bilden, oben gehalten durch die unzähligen schmarotzenden Schlingpflanzen, einen grünen Baldachin, durch das das grelle Sonnenlicht nur selten eindringen kann. Ich will immer nur laufen, laufen, ohne anzuhalten. Wieder überrascht uns ein sintflutartiger Regen. In der Einsamkeit versucht Rainer einen alten Indianertrick anzuwenden. Er nimmt seine Hände hinter die Ohren und drückt sie nach vorne. Und tatsächlich sind in weiter Ferne Motorengeräusche zu hören. Wir haben Hoffnung, heute noch nach Brestagi zurück zu kommen.

Bohorok-Orang Utan

Orang Utan im Bohorok Nationalpark

fliegende Füchse

Fliegende Füchse

Palast der Minangkabau

Palast der Minangkabau

Reisfelder

Reisfelder

Unterwegs

Unterwegs

Weg zum Lake Maninjau

Auf dem Weg runter zum Lake Maninjau

Zuckersaftgewinnungsanlage

Zuckersaftherstellung